Der Verfasser dieses Berichtes leistete die gesamte Dienstzeit in Festungen im Raum Sargans, Wallis und ab 1968 bis 1985 im Raum Gotthard, insgesamt über 900 Diensttage. Die folgenden Schilderungen sind deshalb persönliche Erinnerungen und Empfindungen.
Die Rekrutenschule absolvierte ich als Übermittlungssoldat 1963 in Motto Bartola oberhalb Airolo. Bereits 1892 wurden an diesem Standort erste Festungswerke gebaut für die Sicherung und Überwachung des Gotthard Eisenbahntunnels. So entstanden damals das Fort Airolo, die Flankiergalerie Stuei, Foppa Galerie und die Geschützstellungen auf Motta Bartola mit Unterständen für die Geschütze und die Munitionsmagazine, um nur einige Befestigungen auf der Südseite des Gotthards oberhalb Airolo zu nennen.
Karabiner 31 neben Sturmgewehr 57
Die Funkgeräteausbildung erfolgte am schweren SE 200 mit nur 4 Frequenzen. Das zuverlässige Armeetelefon in solidem Holzgehäuse bewährte sich schon damals und war im Einsatz bis in die 80iger Jahre. Zur Verlegung dislozierte die Rekrutenschule in die Foppa Kaserne, einige Höhenmeter tiefer gelegen. In der Sommerrekrutenschule 1963 fassten die angehenden Festungssoldaten erstmals das Sturmgewehr 57. In späteren Wiederholungskursen waren über Jahre hinweg der Karabiner 31 präsent neben dem Sturmgewehr 57. Als eigentliche Schulfestung für die Ausbildung an den Geschützen und Übermittlungszentralen diente das kleine Werk Foppa Grande, bestückt mit einem Panzerturm 10,5 cm und einem der ersten Zwillingsminenwerfer 12 cm.
Ausbildungs- und Beförderungsdienste leistete ich in Monte Ceneri, Bière, Andermatt, Airolo, Sargans und Wallis. In guter Erinnerung bleibt eine Verlegung von Sargans nach St. Maurice und Savatan mit einem Sonderzug der SBB. Ab 1968 wurde ich in die damalige Festungsabteilung 17 eingeteilt, die sogenannte Kampfgruppe Airolo, welche 1978 im Rahmen der Reorganisation der Festungstruppen aufgelöst wurde. Teile davon leisteten ihren Dienst nun in der Festungsabteilung 6 im Festungsregiment 23.
Kadervorkurse im Artilleriewerk Sasso
Der Kadervorkurs der Festungsabteilung 6 fand stets im Werk Sasso statt. Hier erlebte man nach dem angenehmen Zivilleben den militärischen Alltag des Festungslebens hautnah. Ungewohnt waren die engen Platzverhältnisse in den Schlafräumen mit Dämmerlicht, das kalte weiche Gotthardwasser zum Rasieren, das Schnarchen in kurzen Nächten, die Tagwache mit Musik, Wetterbericht und gleichzeitigem Tenuebefehl für den Morgenappell vor dem Werkeingang. Der grosse Mannschaftsspeisesaal diente auch als Theorielokal, für Rapporte, als Gottesdienstraum jeweils am ersten Dienstsonntag, usw. Festungstruppen waren in den 60iger und 70iger Jahren nie die Bevorzugten, welche als erste mit neuem, zeitgemässem Material ausgerüstet wurde. So fasste man erst in den 70iger Jahren den vierfarbigen Kampfanzug 70.
Zutritt in die Festung hatten nur mit persönlichem Ausweis Kompanieangehörige des entsprechenden Werkes, Angehörige der Festungswache, Instruktoren und höheres Kader. Rege benutzt und gute Dienste leistete das interne permanente Telefonnetz. Somit gab es dank dem «Buschtelefon» kaum unerwarteten Inspektionsbesuch an einem Geschütz, an einer Zentrale oder in einer Funknische.
Wertvolle Ortskenntnis
Angehörige der Festungsartillerie leisteten in der Regel die Wiederholungskurse über Jahre hinweg am gleichen Standort. Somit erwarb man sich eine wertvolle Ortskenntnis über das gesamte Einsatzgebiet. In taktischen Kursen und in Manövern kam man auch in Kontakt mit den übrigen im Einsatzsraum eingeteilten Truppengattungen. Eine weitere Eigenheit war, dass oft über Jahre hinweg dasselbe Zimmer mit den gleichen Kameraden belegt wurde.
Einsatz bei Artillerieschiessübungen
Bei Artillerieschiessen hatte das frühzeitige Organisieren der Schlüssel für Unterstände, Verbindungsknotenpunkte und dergleichen bei der Festungswache oberste Priorität. Die Leitungsbauequipen brachen oft mitten in der Nacht auf, um rechtzeitig im Beobachtungsraum mit den Feuerleitstellen die Verbindung aufzubauen. Da die Zielgebiete und somit auch die Beobachtungsstandorte der Schiesskommandanten im Hochgebirge abseits von befahrbaren Wegen lagen, konnte der Ort meist nur mit anstrengendem Fussmarsch, jeder mit schwerem Material beladen, erreicht werden. Ein erstes Aufatmen gab es bereits beim Feldanschlusskasten, wenn die Artilleriezentrale telefonisch erreicht wurde. Dann galt es, die manchmal kilometerlangen Telefonleitungen in oft unwegsamen Gelände zum Standort des Schiesskommandanten zu bauen. Im Stellungsraum mussten die Chargen in den Feuerleitstellen und an den Geschützen oft erst Stunden später besetzt werden, um für ein Artillerieschiessen bereit zu sein. Teils stundenlange Vorarbeit leisteten die verantwortlichen Feuerleit- und Sicherheitsoffiziere für das Erstellen und Überprüfen der Wirkungs- und Sicherheitskarten.
Mehrtägige Manöver
Anspruchsvoll, auch belastend waren drei- bis viertägige Manöver, bei welchen die Festungswerke von den Geschützmannschaften, Übermittlungsspezialisten und weiterem Werkpersonal nicht verlassen werden durften. Rund um die Uhr wurde an den Geräten und Waffen im Schichtbetrieb gearbeitet. Bald ging das Gefühl für die Tageszeiten verloren. Einige Tage dieser Art von Dienst war absehbar und machbar. Im Ernstfall dasselbe über x-Tage hinweg, das Ende nicht absehbar, kann sehr belastend werden, wenn erste Kameraden vom Stollenkoller gefangen genommen werden. Hohe Anforderungen und psychologisches Geschick sind in solchen Situationen, vom Kader, vom Gruppenführer, über den Zugführer bis zum Werkkommandanten verlangt.